Die Suche nach philosophischen Problemen

Ich habe heute einen Beitrag zum problemorientierten Philosophie-Unterricht anhand des EIDOS-Modells gelesen, in dem es darum geht, dass Lernende  eigene Probleme in der Welt auswählen und mit philosophischen Methoden erkunden. Obwohl das Modell mit dem Anspruch von Freiheit daherkommt, weil es den Lernenden das Recht einräumen möchte, „frei darüber zu befinden, welche Begebenheiten und Gegenstände als Anlässe des eigenen Philosophierens taugen“, entsteht bei mir sofort ein Eindruck von Prozessdruck.

Prozessdruck beschreibt für mich das Konzept, dass ein bestimmtes Handeln durchorganisiert ist und bis zum Abschluss gebracht werden muss, bevor ein zufriedenstellendes Ergebnis erreicht werden kann. Ein Prozessdruck ist meiner Ansicht nach schädlich, weil es nicht mehr um die selbstgewählten Probleme einer Person geht, wie noch in der Einleitung dieser Methode hochgehalten. Es geht um den Prozess und dessen indirekte Ergebnisse, da die Handlungen des Prozesses dazu führen sollen, dass man das Philosophieren erlernt.

Ich denke, dass Prozessdruck dazu führt, dass sich die Verbindung zwischen Philosophieren und Problemlösung für das eigene Leben auflöst und damit der Mehrwert einer individuellen Auswahl eines persönlichen Themas reduziert wird. Wenn ich schließlich eher zu einer Lösung eines Problems innerhalb des Prozesses gelange, warum muss ich dann den Prozess bis zum Ende fortführen? Die Antwort der Lehrenden: Weil es ja eigentlich darum geht, Philosophieren zu lernen und Probleme aus verschiedenen Perspektiven mit verschiedenen Lösungen zu betrachten.

Es geht also nicht um die eigene Auswahl von Problemen und Lösungen. Die Auswahl der Lernenden ist nur ein weiterer Zwang, der durch die Lehrenden vorgegeben wird und keine Auswirkungen auf die Lernenden haben muss. Gleichzeitig ist das gesamte Konstrukt einer solchen Stunde anmaßend gegenüber dem Leben der Lernenden, das hier als Material für das erzwungene Lernen des Philosophierens benutzt wird.

Wenn es um Probleme gehen soll, dann muss es wirklich um diese Probleme gehen und nicht darum, dass wir Methoden lernen, um möglicherweise auch andere Probleme zu lösen. Ein Unterricht, der das berücksichtigt, setzt nicht darauf, dass das Lernen phasiert werden muss, sondern dass ein Freiraum geschaffen wird, bei dem die Probleme individuell oder mit anderen argumentativ besprochen oder visualisiert werden können. Am Ende kann eine Lehrperson dazu auffordern, das eigene Denken den anderen vorzustellen, damit auch sie davon profitieren können. Da geht es dann aber nicht mehr um das Philosophieren, sondern um das Einfordern eines Beitrages zur Gesellschaft.