Mein Leben wirkt auf mich manchmal wie eine große Baustelle, dessen Grundriss ohne Begründung alle paar Monate überarbeitet werden muss. Und wie das manchmal so ist, befindet man sich plötzlich hinter dem Zeitplan. Dabei müsste man doch schon längst wenigstens das Fundament gegossen haben, oder so etwas in der Richtung. Aber es hilft nichts, denn man findet selbst immer wieder neue Löcher im Konstrukt. Und die Zeit vergeht, während man sich immer noch damit beschäftigt, in welcher Farbe die Tapete im nicht einmal ansatzweise vorhandenen Wohnzimmer erstrahlen soll.
Der Versuch eines perfekten Lebens erscheint mir von Tag zu Tag fahrlässiger. Aber sollte ich deshalb aufgeben, danach zu streben? Was bedeutet perfekt in diesem Zusammenhang überhaupt? Handelt es sich um eine Übereinstimmung mit den eigenen Werten, die sowieso jeden Tag durch alles Mögliche ins Wanken geraten? Oder ist es eher der Wunsch nach einer tadellosen Lebensgeschichte, die wir für andere aufbereiten können, in Form von Reiseabenteuern, Liebesaffären und gefährlichen Mutproben? Perfekt scheint ein vollkommen unangebrachtes Wort zu sein, wenn man versucht, sein Leben zu gestalten, denn anscheinend spiegelt es nur die Wünsche anderer in uns selbst wider.
Möglicherweise bezeichnet aber ein perfektes Leben auch einfach den Zeitraum, den wir mit den schönen Dingen verbringen können, ohne Gedanken daran zu verschwenden, ob diese überhaupt zu uns passen. Wir fragen also nicht mehr, inwiefern etwas zu unser selbst konstruierten Persönlichkeit gehören darf, sondern wir schauen, dass uns die schönen Dinge nicht entwischen, wenn wir sie einmal identifiziert haben.
Doch was sind die schönen Dinge? Lassen sie sich wie Briefmarken sammeln, aufbewahren und wieder hervorholen? Oder sind sie generell eher kurzlebig und deshalb nur für unsere Erinnerung bestimmt? Meine Baustelle hat darauf noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden. Aber vielleicht muss sie das auch nicht, solange ich die schönen Dinge wenigstens für mich selbst erkennen kann. Dementsprechend sollte es jedem selbst überlassen bleiben, was diese schönen Dinge für ihn sind, denn sonst befinden wir uns wieder am Anfang, bei dem andere Menschen ohne Zustimmung über den Grundriss unseres Lebens bestimmen.