Journalismus kostet Geld. Journalismus muss allerdings ebenfalls unabhängig von zu großen einzelnen Einnahmequellen sein, da sich sonst der Anreiz entwickelt, den Geldgeber nicht zu kritisieren, was gegen die Grundprinzipien eines Informationsdienstes verstößt. Dieses Problem verkompliziert sich, wenn niemand gewillt ist, für Journalismus Geld zu bezahlen, weil auf der anderen Seite nicht klar ist, ob der Journalismus überhaupt gut ist. Aus diesem Grund hatte sich eine Ökonomie herausgebildet, bei der Verlage ihre Arbeit im Internet öffentlich zugänglich gemacht haben, um damit ihren Journalismus und die kaufbaren, gedruckten Zeitungen zu bewerben und sich mit Werbung und Mitgliedschaften zu refinanzieren.
Dieses System ist über die Zeit hinweg einigermaßen zusammengebrochen, da es zu einer negativen Rückkopplung gekommen ist, bei der Verlage aufgrund des Überangebots des Internets weniger Geld verdient haben, daraufhin mehr Geld mit mehr Werbung machen wollten, die Leser daraufhin aber die Werbung mit Werbeblockern ausgeblendet haben, die Werbung auf den Internetseiten daraufhin weniger wert wird und deshalb noch mehr Werbung angezeigt werden muss, bis Werbung auf diesen Seiten, aufgrund der Menge an Werbung so gut wie keine Einnahmen mehr produziert. Plötzlich gab es deshalb gesponserte Artikel, Verkauf von Nutzerdaten und die Qualität der Nachrichten brach ein, da der Leser plötzlich kein Kunde mehr war. Um diesem negativen Kreislauf zu entkommen, wurden Bezahlschranken aufgebaut, die die Inhalte nicht oder nur noch beschränkt öffentlich zugänglich machen, um die Leser zu Mitgliedschaften zu zwingen. Doch die Leser scheinen sich schon lange nicht mehr für den durchschnittlichen Journalismus zu interessieren, weil dieser unter anderem ein Vertrauensproblem besitzt und es nicht klar ist, ob die Unabhängigkeit trotz der Bezahlung nicht dennoch weiterhin eingeschränkt ist, zum Beispiel durch an dem Verlag beteiligten Akteuren und einer Zielgruppenanalyse, die Botschaften nach den Lesern zuschneidet.
Ein anderer Versuch, Geld für Journalismus zu bekommen, besteht im Leistungsschutzrecht. Man lässt Nachrichtensammelseiten, die durch die Offenheit der Daten im Internet entstanden sind, für die Vorschau (nicht einmal unbedingt den Komplettzugriff) auf Artikel bezahlen, weil diese ja anscheinend vom Journalismus der Verlage profitieren. Das Problem besteht allerdings darin, dass diese Seiten jedoch nicht einseitig profitiert haben, sondern in einem Austauschprozess ebenfalls auf bestimmte Themen aufmerksam machen, die auf den Seiten der Zeitungen möglicherweise untergeganen sind. Sie führen dementsprechend Leser überhaupt erst zu den Seiten hin und ermöglichen darüber hinaus einen demokratischen Austauch, da sie verschiedene unterschiedliche Perspektiven zu einem Thema nebeneinander darstellen. Das lässt sich sicherlich auch negativer betrachten, weil ja dennoch mit der Arbeit von anderen agiert wird. Das Problem besteht nun jedoch darin, dass diese Sammelseiten, die sich über die Zeit entwickelt haben, so groß geworden sind, dass sie zu einem eigenen Akteur im Internet geworden sind, was dazu führt, dass Verträge, die durch das Leistungsschutzrecht entstehen, vordergründig einzeln zwischen Verlagen und Sammelseiten verhandelt werden, was jedoch zu eine Monopolisierung der Sammelseiten führt, weil neue Dienste nicht mehr ohne Startkapital in den Markt einsteigen können. Monopole sind in diesem Fall vor allem deshalb problematisch, weil damit nun die Sammelseite eine eigene Machtposition einnehmen und nicht mehr ohne Weiteres durch neue Sammelseiten zur Unabhängigkeit von den Beteiligten in den Nachrichten und den Verlagen gezwungen werden kann.
Diese Prozesse sind problematisch, weil sie unsere Fähigkeit einschränken, zu guten Informationen zu gelangen. Dies führt mich zu der Annahme, dass ich das Projekt Journalismus unter den jetzigen Bedingungen für gescheitert erkläre, da es keinen profitablen Markt für guten Breitenjournalismus gibt (siehe Projekte wie Krautreporter oder Netzpolitik.org, die sich keine großen festen Redaktionen leisten können und sich in gewisser Weise auf die Fachbereiche der Redakteuere spezialisieren müssen) und Menschen das Vertrauen in Nachrichten immer weiter verlieren. Zurzeit kann man darüber hinaus einzelnen unabhängigen Nachrichtenseiten nicht vertrauen, sondern muss für umfassende Perspektiven ständig mehrere Blickwinkel und Quellen miteinbeziehen, was für viele Menschen im Alltag so gut wie unmöglich ist.
Ich denke jedoch, dass es verschiedene Wege gibt, aus dieser Situation zu lernen und sie zu verbessern. Hier ein paar Möglichkeiten:
- Nachrichtenseiten beziehen sich stärker auf andere Nachrichtenseiten (loben und kritisieren Berichterstattungen und verlinken auf die entsprechenden Artikel), um damit eine größere Perspektivenvielfalt zu ermöglichen,
- Nachrichtenseiten sehen sich nicht mehr als Primärquelle, sondern machen ihre Quellen, wenn das andere Menschen nicht gefährdet, öffentlich zugänglich und bieten Möglichkeiten, dass ein Leser diese Quellen überprüfen kann.
- Fehler werden regelmäßig überprüft und mit Ernsthaftigkeit und Eingeständnissen berichtet. Nachrichten sollten keine Kunstprodukte sein, bei denen sich ein Autor angegriffen fühlt, wenn diese kritisiert werden.
- Artikel werden ordentlich archiviert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, sodass vor allem Wissenschaftler damit arbeiten können.
Wenn solche Verhaltensweisen umgesetzt werden, dann steigt meiner Ansicht nach auch der Wert, der dem entsprechenden Journalismus von den Lesern entgegengebracht wird und es wird wahrscheinlicher, dass für diesen Journalismus von verschiedenen Seiten auch Geld ausgegeben wird (was übermäßige Werbung und Leistungsschutzrecht weniger notwendig macht). Auf der anderen Seite kann ein solcher Journalismus auch im Schulunterricht empfohlen und besser genutzt werden, da er demokratischen Grundprinzipien entspricht und dementsprechend für eine Auseinandersetzung mit den Medien als Vorbild aufgegriffen werden kann, anstatt ständig darüber sprechen zu müssen, dass es eigentlich nicht möglich ist, einzelnen Nachrichten zu vertrauen, da die Produzenten sich nicht übermäßig dafür einsetzen, dass ihre Informationen akkurat sein müssen und man deshalb von Autor zu Autor und von Thema zu Thema immer wieder neu herausfinden muss, ob es sich um Qualitätsjournalismus handelt oder versucht wurde, schnell Geld zu verdienen.